Das heutige Frankreich war um 1100 in
viele kleine Territorien zersplittert, die von übermächtigen
Schlossherren regiert wurden. Während im Westen von Paris
der Herzog der Normandie
- und zugleich König von England - herrschte, lag im Osten das Reich
des Grafen von Champagne. Im Norden florierte das Wirtschaftszentrum
des Grafen von Flandern. Eingeklemmt zwischen
diesen mächtigen
und reichen Herren hatte der König von Frankreich sein bescheidenes
Territorium um Paris. Der König besass damals sehr geringe realpolitische
Rechte. Er genoss hingegen sehr grosses religiöses Ansehen, denn
er war König
von Frankreich «von Gottes Gnaden».
Abt Suger (1081-1151) war als
junger Mann zusammen mit dem späteren König Louis VI (Ludwig
dem Dicken) im Kloster St. Denis erzogen worden. So wurde er
ein Freund und enger Vertrauter des französischen
Königs. Suger übernahm oft die Regierungsgeschäfte, wenn
der König auf Reisen oder auf dem Kreuzzug (1147-1149) war. Bei
der Ausübung seiner Tätigkeit zeigte er sehr viel Geschick
und tat sich als erfolgreicher Organisator
und Administrator hervor. Abt Suger hatte auch den Willen,
die Konkurenz mit den übermächtigen Nachbarn auf eine andere
Art und Weise auszutragen.
Kennzeichnend für das 12. Jahrhundert
war die Entstehung erster fabrikartiger Produktionsstätten im Textilgewerbe
und in der Metallbearbeitung. Die Technik der Wind-
und Wassermühlen entwickelte sich weiter und
der Metallpflug hielt
Einzug. Technik und Wirtschaft erlebten eine Aufbruchstimmung.
Geprägt von diesem Zeitgeist entstand, von Abt Suger in Auftrag
gegeben, die erste Klosterkirche in gotischem Baustil.
«Die gotische Architektur
ist die einer Gesellschaft, die trotz begrenzter Mittel grosse
Werke hervorbringen
will … Diese Bauten … sind gebrechliche Konstruktionen,
wenn man sie mit denen der Antike vergleicht. Dafür aber: welche
der Antike ganz unbekannte Kühnheit! Die gestreckten Formen verliehen
unseren Kathedralen einen nur ihnen eigenen Zug, und das sie
ermöglichende
statische Konzept ist eines der fruchtbarsten, das die Architektur
je verwirklicht hat.» Zitat von Auguste Choisy.
Siehe auch den Beitrag vom ZDF-Magazin vom
25.4.04. Eine schöne 3-D Animation des Mailänder Doms ist hier zu
finden (Klick auf einer der Ziffern 1-8).
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