Realien: Materialien von Anton Hafner (KZU Bülach)

  

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Neue Zürcher Zeitung LITERATUR UND KUNST Samstag, 16.09.2000 Nr. 216   85

 

Was aber ist einer, was ist einer nicht?

Michael Theunissens philosophische Pindar-Lektüre

Von Günter Figal

Der Philosoph Michael Theunissen hat ein gewichtiges Buch über Pindar geschrieben. Er geht hinter die Philosophie zurück - zur Dichtung -, um zu zeigen, aus welcher vorphilosophischen Erfahrung Philosophie entspringt.

Seit es Renaissancen, Klassizismen verschiedener Spielart gibt, ist die Antike Massstab und Vorbild späterer Zeiten gewesen. Doch es bleibt der Moderne vorbehalten, in der Antike, und zwar in der griechischen, etwas Verlorenes und zugleich Wesentliches zu suchen: das Ursprüngliche, das durch die spätere Geschichte verstellt wurde, deshalb allein Aufschluss über diese Geschichte gibt und so auch ein transparentes Verhalten in ihr und neue, nicht allein durch sie bestimmte Lebensmöglichkeiten eröffnet. In diesem Sinne hat Hölderlin sich an der griechischen Dichtung orientiert, um sich und die eigene Zeit mit der Möglichkeit einer dichterisch artikulierten religiösen Erfahrung zu konfrontieren. In vergleichbarer Weise ist Nietzsche auf die durch Wissenschaftsgläubigkeit und Fortschrittsoptimismus verstellte Grunderfahrung des Tragischen zurückgegangen, und ähnlich hat Heidegger aus den Fragmenten der vorsokratischen Denker die Erfahrung des «Seins» herausgelesen, also desjenigen, was auch alle spätere Philosophie und Weltbemächtigung in Gang setzt und trägt, ohne in ihr noch eigens bedacht und artikuliert zu werden.

Michael Theunissens Pindar-Buch gehört in diese Tradition von Erkundungen der griechischen Antike, und allein schon darum verdient es ganz besondere Aufmerksamkeit. Im Kontext der gegenwärtigen philosophischen Debatten, die immer deutlicher von der Überzeugung getragen sind, man komme mit den begrifflichen Bordmitteln der Gegenwart, in jedem Fall aber der Neuzeit aus, steht dieses Buch wie ein hieratischer Block. Es ist ein unzeitgemässes Buch, allein durch die Zeit, die es seinen Lesern abfordert, durch die unendliche Sorgfalt und Geduld, mit der seine Entdeckungen und Gedanken entwickelt sind; unzeitgemäss ist es aber vor allem durch sein Vertrauen darauf, in der griechischen Antike, und nur in ihr, lasse sich finden, was der Gegenwart fehlt.

NÄHE ZU HEIDEGGER

Allerdings hat Theunissen seine Zugehörigkeit zu der mit den Namen Hölderlins, Nietzsches und Heideggers angezeigten Tradition eher versteckt als offen zu verstehen gegeben. Die Auseinandersetzung mit den Genannten ist in «Nachbemerkungen» verbannt, die, verglichen mit dem Umfang und der Ausführlichkeit des Ganzen, eher spärlich sind. Aber hier, und das heisst: bei normaler Lektüre erst am Ende, findet man den Schlüssel zu Theunissens Unternehmen; wenn auch indirekt, wird hier philosophisch die Frage beantwortet, warum ein Philosoph sich jahrelang in Texte griechischer Lyrik versenkt und die Ergebnisse seines Forschens und Nachdenkens dann auf knapp tausend Seiten mitteilt.

Der philosophische Grund für Theunissens Unternehmen ist seine spannungsgeladene Nähe zu Heidegger, genauer die Überzeugung, dass Heideggers Rückgang zu den Quellen des westlichen Denkens und Lebens grundsätzlich richtig sei, aber in seiner Durchführung radikal verfehlt. Theunissen folgt Heidegger in der programmatischen Absicht, die Philosophie in ihren Grundgedanken und Grundbegriffen auf die unausdrücklich bleibende, sogar verdrängte Erfahrung der Zeit zurückzuführen. Aber er meldet grundsätzliche Bedenken schon dagegen an, wie Heidegger mit der Ausarbeitung dieses Programms ansetzt. Philosophie, so hatte Heidegger zeigen wollen, sei von Anfang an Ontologie, Frage nach dem Sein gewesen, aber nie sei die Zeit als «Horizont» dieser Frage eigens geklärt worden. In der philosophischen Tradition werde die Zeit nur vom Sein her gedacht, doch angemessen wäre das Umgekehrte: das Denken von Sein aus dem Horizont der Zeit.

Für Theunissen liegt schon hier das Problem: Weil er so entschieden aus dem ontologischen Zusammenhang heraus nach der Zeit frage, bleibe Heidegger bei der Durchführung seines Programms an die Vorgaben der Ontologie gebunden. Er komme gar nicht zu einem wahrhaften Denken der Zeit, sondern verstehe diese insgeheim immer noch vom Sein her, und das präge auch seinen Versuch, eine ursprüngliche Erfahrung der Zeit in der griechischen Antike zu finden. Für Texte, die nicht schon unter dem Vorzeichen der Seinsfrage stünden, habe er keinen Blick, sondern zwinge ihnen seine letztlich durch den Seinsdenker Parmenides geprägte Perspektive auf. So verfehle Heidegger, was doch seine Absicht gewesen sei: hinter die Philosophie zurück zu kommen und aufzuzeigen, aus welcher Erfahrung sie entspringe. Das ist, wie Theunissen denkt, nur möglich, indem man sich der Dichtung zuwendet, jener Dichtung, «aus der die Philosophie sich erst entwickelt hat». Theunissens Lektüre und Auslegung griechischer Lyrik ist der Versuch einer Radikalisierung und zugleich einer Überwindung des Heidegger'schen Programms.

Allerdings bleibt Theunissen dem von ihm kritisierten Heidegger dabei ungewollt nahe: Auch er selbst scheint die Philosophie im Ganzen mit den Erörterungen des Seins zu identifizieren, wenn er sich allein von der Dichtung einen Zugang zu der philosophisch seit Parmenides verdrängten Zeiterfahrung verspricht. Eine in die Philosophie übersetzte Dichtung scheint Theunissen nicht zu interessieren, und entsprechend spielt Nietzsche für ihn keine Rolle; die Bemerkungen zur «ästhetischen Metaphysik» der «Geburt der Tragödie» sind knapp und erkennbar lustlos geschrieben.

Orientierung findet Theunissen am ehesten bei Hölderlin und seiner dichterischen Antiken-Erkundung. Ihm verdankt er den Grundbegriff, mit dem er die griechische Lyrik und besonders diejenige Pindars als ursprüngliche Zeiterfahrung aufschliessen will: Hatte Hölderlin sein Nachdenken über die Tragödien des Sophokles der Frage nach der Mitte, in der «sich die Zeit wendet», unterstellt, so liest Theunissen die Lyrik auf eine «Wende der Zeit» hin. Damit ist ein zeitlicher Vorgang im radikalen Sinne gemeint: eine zeitliche «Verwandlung» der Zeit und kein «Ausbruch aus der Zeit schlechthin und in eine vermeintliche Zeitlosigkeit», wie er nach Theunissens Urteil für die «parmenideisch-platonische Metaphysik» wesentlich ist. Die Zeit aber wendet sich, wie Theunissen mit Hölderlin festhält, indem ein Gott oder zumindest Göttliches in ihr erscheint. So ist der Versuch, aus dem Zusammenhang der griechischen Lyrik die Zeit zu denken, zugleich so etwas wie eine vorphilosophische Theologie - der Versuch, eine Erfahrung des Göttlichen freizulegen, die dann «metaphysisch» zu der eines zeitlosen Gottes der Philosophen modifiziert oder, wie man mit Michael Theunissen sagen müsste, verfälscht wurde.

Nachdem man schon im Vorwort erfahren kann, dass Theunissen seinen «Zugriff» selbst als philosophisch bezeichnet, stellt sich klarerweise die Frage, wie ein solches Unternehmen durchführbar sein soll. Wie fragt man philosophisch hinter die Philosophie zurück und macht sich dabei zugleich von philosophischen Vorprägungen frei? Theunissen vertraut hier ganz auf die Sagekraft der ausgelegten Texte und darauf, dass die Auslegung imstande ist, diese in ihrem Eigenrecht ungeschmälert zur Geltung kommen zu lassen. Das ist allerdings kein naives Vertrauen - als ob die Auslegung sich selbst zum Verschwinden und den Text, so wie er ist, unmittelbar zum Sprechen bringen könnte. Theunissen weiss sehr genau, dass seine Interpretationen «konstruktivistisch» sind, also einer im Voraus formulierten Frage, eben der nach der Wende der Zeit, unterstellt. Aber in einer an Adornos «Ästhetische Theorie» gemahnenden Wendung hält er es für möglich, dass die «Unterwerfung des Materials unter eine umfassende Idee» nicht das endgültige Resultat der Auslegung ist, sondern vielmehr «seine (des Materials) Freigabe auf sich selbst» mit sich bringen kann.

SAGEKRAFT DER TEXTE

Die alten Texte sprechen dann von sich aus, nachdem sie durch die Vermittlung der Interpretation hindurchgegangen sind; je konsequenter das «Material» vom Interpreten einer Frage unterstellt wird und je gründlicher der Interpret sich im Licht dieser Frage dem einzelnen, bei oberflächlicher Betrachtung unwichtigen Detail widmet, je skrupulöser er das «Expertenwissen» der Forschung heranzieht, desto eher entfaltet sich aus den Texten ein eigener, nicht nur vom Interpreten in sie hineingelegter Sinn. Theunissen vertraut darauf, dass die Intention des Interpreten dialektisch in eine «Freigabe» der interpretierten Texte und ihrer Sache umschlagen kann. Aus der Vielfalt einzelner Beobachtungen soll sich ein Gesamtbild ergeben, das kein vom Interpreten erwirktes mehr ist.

Weil es auf das Zusammenspiel der sich in Einzelbeobachtungen erschliessenden Details ankommt, lassen sich Theunissens Interpretationen ohne gravierenden Verlust nicht zusammenfassen. Aber trotzdem gibt es auch einen verkürzten Zugang zu ihnen: Sie sind ja alle auf die dichterische Grundfigur der Zeitwende bezogen, die auch dort gegenwärtig bleibt, wo sie nicht ausdrücklich zur Sprache kommt. Theunissen lässt sich diese Grundfigur aus Pindars 8. Pythischer Ode vorgeben: «Tageswesen! Was aber ist einer? Was aber ist einer nicht? Aber wenn der Glanz der gottgegebene kommt, leuchtend Licht ist bei den Männern und liebliches Leben.» Letztlich versucht Theunissen in seinem Buch nichts anderes, als den Sinn dieser Verse zu entfalten - möglichst reich und prägnant, in immer wieder neuen Ansätzen, immer wieder auch die lyrischen Vorgänger Pindars heranziehend und auslegend. Aber bei Pindar hat das, worauf es Theunissen ankommt, die prägnanteste Sprache gefunden, und in den zitierten Versen sieht er die «Wende der Zeit» besonders konzentriert in Worte gefasst.

Die Verse nennen den Umschlag von der Zeit des «Tages», der über den Menschen hängt, so dass sie «dem Diktat des schicksalhaften Laufs der Dinge» unterstellt sind, zu einer göttlich erfüllten Zeit, die «einbricht» und dadurch einen «Überstieg» des nur menschlichen Daseins ermöglicht. Diese Wende der Zeit muss sich, wie Heidegger es nennen würde, «ereignen»; und sie ereignet sich zwar nicht ohne den Menschen, aber nicht wesentlich durch ihn. Sie herbeiführen und bewirken zu wollen, wäre Hybris, vermessene und verblendete Selbstvergöttlichung, und so kann die Zeitwende nur in der Selbstbeschränkung des Menschen auf sein endliches Dasein, das von dem der Götter unendlich verschieden ist, erfahren werden. Sie bedarf, um noch einen Begriff Heideggers aufzunehmen, der «Verhaltenheit».

Dass Theunissen in diesem Zusammenhang auf Heideggers Ereignisdenken nicht eingeht, ist nur konsequent - ist er doch der Überzeugung, dass die Erfahrung der Zeitwende, wie sie skizziert wurde, eigentlich nur in der Dichtung artikulierbar ist. Sie ist nichts als zeitliches Geschehen und kann in der Dichtung zur Sprache kommen, weil die Dichtung sich vorbehaltlos diesem Geschehen unterstellt, weil sie nichts anderes als sein sprachlicher Vollzug sein will. Dieser Gedanke wird in der zweiten Hälfte des Buches in einer minuziösen Auslegung der zehnten und der zweiten Olympischen Ode entwickelt.

Dabei werden die «Zeitformen», die in der Zeitwende zusammenspielen, auch noch genauer gefasst: Die «Tagzeit» erscheint nun als «Chronos», als Zeitform, die auch die Götter beherrscht, weil diese nur in ihr wirken können, und die andererseits von den Göttern wirkend beherrscht werden kann; Theunissen spricht hier von einem «synergetischen» Verhältnis zwischen Chronos-Zeit und eingreifendem Gott. Und die Zeit menschlichen Daseins, die dem göttlichen «Einbruch» unterstellt wird, tritt nun als der «Kairos» hervor, in dem der Mensch seine endliche Lebensmöglichkeit «trifft» - seine Rückkehr ins Endliche, das sich nun, im Licht des Unendlichen, frei annehmen und leben lässt. - Es dürfte kein Zufall sein, dass mit den Begriffen des Endlichen und des Unendlichen, die wirkungsvoll am Schluss der Pindar-Auslegung ins Spiel kommen, diejenige Beschreibung der menschlichen Existenzbewegung anklingt, die Theunissen seit seinen philosophischen Anfängen am nächsten steht: Kierkegaards Beschreibung des christlichen Glaubens als eines «Konkretwerdens», bei dem man sich weder ins Unendliche verliert noch im Endlichen verharrt. Aber es wäre trotzdem voreilig, zu unterstellen, Theunissen habe die griechische Lyrik ins Christliche übersetzt. Vielmehr kommt es ihm darauf an, eine Struktur religiöser Erfahrung zu fassen, die unabhängig von bestimmten Religionen und Theologien und insofern vortheologisch ist; ebenso wie sie, von der durch Parmenides inaugurierten «Metaphysik» her betrachtet, vorphilosophisch genannt werden konnte. Selbst wenn man Theunissens Pindar-Auslegung nicht teilen will, wird man schwer bestreiten können, dass sie in ihrer vortheologischen Perspektive schlüssig ist; als Gesamtdeutung, die ihr «Material» nicht gewaltsam zurechtbiegt oder einseitig auswählt, ist sie eindrucksvoll und durch andere Gesamtdeutungen nicht zu widerlegen, sondern höchstens zu ergänzen oder zu ersetzen.

PHILOSOPHIE UND DICHTUNG

Etwas anders verhält es sich mit dem philosophischen Anspruch des Buches. Das Buch leidet, kurz gesagt, daran, dass es diesen Anspruch erhebt, aber nicht wirklich einlöst. Theunissens programmatische Enthaltsamkeit gegenüber philosophisch-systematischen Erörterungen lässt viele Fragen offen. Die wichtigste von ihnen dürfte die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Dichtung sein. Dieses Verhältnis wird nicht erörtert, weder grundsätzlich noch in der spezifischen Hinsicht, dass man es hier mit einem philosophisch gemeinten Buch über Dichtung zu tun hat. So bleibt unausgemacht, ob die eigentümliche Wahrheit der Dichtung, auf die es Theunissen ankommt, in der Philosophie nur dann nicht verloren geht, wenn die Philosophie sich zur Dichtung quasi mimetisch verhält - ihre eigenen Möglichkeiten ganz der Vergegenwärtigung dichterischer Wahrheit unterstellt.

Sollte es wirklich unmöglich sein, die Wahrheit der Zeitwende auch philosophisch zu erfahren und zur Geltung zu bringen? Immerhin ist ja nicht zu leugnen, dass die Licht- und Umwendungsmetaphorik, die Theunissen an Pindar so gründlich herausarbeitet, auch philosophisch eine zentrale Rolle spielt. Und sollte man wirklich sagen müssen, dass der mit dieser Metaphorik angezeigte religiöse Sinn in den Dialogen Platons durch eine Parmenideische Metaphysik des Seins überlagert oder verdrängt worden sei? Immerhin gilt der «Überstieg» menschlichen Daseins, wie er in der «Politeia» beschrieben wird, nicht dem «Sein», sondern der «Idee des Guten», die Grund und Herkunft des Seins ist und es «an Würde und Kraft» noch überragt. Dass dergleichen unberücksichtigt bleibt, deutet auf ein unausdrückliches Wirken des Heidegger'schen Vorurteils, nach dem Philosophie immer und durchweg eine Metaphysik des Seins gewesen sei.

VERHALTENE RADIKALITÄT

Die Frage nach dem Verhältnis von Dichtung und Philosophie betrifft Theunissens Unternehmen aber auch direkt. So eindrucksvoll Theunissens Auslegungen sind, es bleibt doch der Zweifel, ob es der Philosophie überhaupt möglich ist, sich so in den Dienst der Dichtung zu stellen, dass deren Wahrheit unmittelbar freigesetzt werden kann. Bleibt die Dichtung nicht bei jedem philosophischen Deutungsversuch ein Gegenüber - besonders dann, wenn ein solcher Versuch sich in der Spannung zwischen Antike und Moderne bewegt? Lässt sich das «nächste Fremde», welches das Antike nach einer Prägung von Uvo Hölscher ist, wirklich «dermassen tief . . . durchdringen, dass das Eigene aus ihm selbst herausspringt», wie Theunissen in seinen abschliessenden Bemerkungen zu Hölderlin formuliert?

Oder ist die «Untreue der Wahrheit» (Hölderlin) unüberwindbar, die im Vermitteln liegt, darin also, sich von anderswoher als aus dem Eigenen verstehen zu müssen und zugleich dem Fremden Unrecht zu tun, weil man es, um das gewonnene Verständnis zu artikulieren, ins Eigene übersetzen muss? Aber möglicherweise ist das keine nur resignative Einsicht, sondern sie macht frei für die eigene Wahrheit der Vermittlung, dass man weder das Eigene noch das Fremde unmittelbar erfährt, sondern höchstens ein Zwischen, ein Gemeinsames, das sich leben, aber nicht festhalten lässt. Das beträfe dann auch das Verhältnis von Dichtung und Philosophie.

Über die genannten Fragen sollte jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass Theunissens Buch diese Fragen nicht durch Schwäche, sondern durch die verhaltene Radikalität seiner Konzeption provoziert. Ohne viel Aufhebens davon zu machen, lässt Theunissen Probleme, die man nur für solche der Hölderlin-Exegese, der Pindar-Philologie halten könnte, als philosophisch gegenwärtige und lebendige erfahrbar werden. Das ist, im Sinne der Erweiterung und Intensivierung gegenwärtiger philosophischer Möglichkeiten, ungeheuer viel. Und vielleicht setzt Michael Theunissen ja seine Antiken-Studien als Erkundung der antiken Philosophie in ihrem Verhältnis zur Dichtung fort. Nach der Lektüre seines in jeder Hinsicht ausserordentlichen Pindar-Buches könnte man darauf nur gespannt sein.

Michael Theunissen: Pindar. Menschenlos und Wende der Zeit. Verlag C. H. Beck, München 2000. 1094 S., Fr. 89.-. 

 

 


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