Die Unterrichtseinheit wurde in der Form eines Wahlfachkurses (Zwei Wochenstunden während eines Semesters) an der Kantonsschule (Gymnasium) im Baden in der Schweiz erprobt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rekrutierten sich aus der Literarabteilung (Alte Sprachen) unseres Gymnasiums. Selbständige Arbeit im Chemielabor und auch Erfahrungen mit dem Internet waren für die meisten von ihnen ein Novum.
Erforschung der Ordnungsprinzipien in der Chemie und in der Kunst steht im Mittelpunkt dieser fächerübergreifenden Unterrichtseinheit. Die Lernatmosphäre sollte durch das Spannungsfeld der Gegensätze, der Berührungspunkte und Wechselwirkungen zwischen zwei sehr unterschiedlichen Fachbereichen geprägt sein. Auf einer Seite die Chemie als Naturphänomene untersuchende exakte Wissenschaft und auf der anderen Seite die Kunst als Disziplin, welche die Rolle der Wahrnehmung an der Grenze zwischen Ordnung und Chaos untersucht und daraus Materialien für eine gestalterische Weiterentwicklung bezieht.
Die Beschäftigung mit den modernen Informationstechnologien sollte nicht nur die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Lernenden in diesem Bereich schulen, sondern auch die völlig neuartigen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und vor allem ihrer Aufarbeitung aufzeigen. Die digitale Fotografie und die Aufarbeitung des Bildmaterials mit Hilfe der Mittel der modernen informationstechnologie ermöglichten uns einen Gewinn an Anschaulichkeit und ästhetischer Qualität bei der visuellen Dokumentation der Naturphänomene.
Im ersten Teil haben wir uns mit chemischen Reaktionen beschäftigt, welche zur spontanen Bildung von geordneten Mustern führen. Die Faszination, die diesen Reaktionen eigen ist, kann durch mehrere verschiedene Aspekte begründet werden. So steht die Bildung spontaner geordneten Strukturen (Selbstorganisation) im schenbaren Widerspruch zum zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, welches eine stetige Zunahme der Gesamtentropie verlangt. Eine genauere Analyse solcher Vorgänge macht deutlich, dass die lokale Entstehung von geordneten Strukturen durch Erhöhung der Entropie in der Umgebung erkauft werden muss. Solche intellektuell anspruchsvollen Betrachtungen sind im besonderen Masse geeignet den Schülerinnen und Schülern des klassischen Gymnasiums den Reiz der Naturwissenschaften vor Augen zu führen. Die eigentliche Erklärung der Musterbildung auf der chemischen Ebene und die Ausleuchtung der Reaktionsmechanismen fallen in die gleiche Kategorie. Bei der Durchführung der chemischen Reaktionen achteten wir stark auf die ästhetische Qualität der gebildeten Muster. Wir investierten viel Arbeit und Zeit in sowohl die Optimiereung der chemischen Parameter, als auch in die Optimiereung der Bildqualität beim Fotografieren und der Bildbearbeitung im Computer. Die schiere Schönheit und Vielfalt der beobachteten Muster bildeten dann auch eine sehr starke Motivationskomponente der Beteiligten.
Gibt es eine "Selbstorganisation" der Wahrnehmung? Im weiteren beschäftigten uns mit der Rolle des Intellekts bei der Wahrnehmung von Ordnung in chaotischen Strukturen und versuchten dann neue Wirklichkeiten zu erschaffen. An vier Beispielen: Virtuelle Sternbilder, Buchstabensuppe, Abklatsch-Animationen und Ordnung und Chaos im Hopfennest haben wir Bildmaterialien geschaffen, die das Grundprinzip der "geistigen Selbstorganisation" verdeutlichen sollen.
Sobald sich das Auge sehr komplexen amorphen, scheinbar chaotischen Strukturen, wie zum Beispiel ein Heuhaufen, einem "Hopfennest, einem Blätterwald, einem "Lockenkopf gegenübersieht, versucht es Ordnungen darin zu erkennen. Sobald dieses Objekt zeichnerisch, malerisch oder plastisch erfasst und umgesetzt werden soll, bedient sich der künstlerische Geist des Wissens und der Ergänzungsfähigkeit unseres Verstandes. Es genügen also beim Zeichnen eines Baumes markante Astfragmente und Blattumrisse anzudeuten um die Krone eines Baumes zu reproduzieren.
Die besondere Eignung des Themas "Chemie und Kunst" zum Einsatz der modernen Informationstechnologien ist wohl nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Die folgenden Ausführungen sollen zeigen, in welchen Aspekten unserer Arbeit diese Technologien einen nicht marginalen qualitativen Vorteil einbrachten.
Die anfängliche Suche nach themenrelevanter Literatur kann grösstenteils im elektronischen Katalog der örtlichen Universitätsbibliothek, im englischsprachigen Journal of Chemical Education oder in der deutschsprachigen Zeitschriftendatenbank DCHemLit online (Suche nach: Online-Datenbank "Zeitschriften zur Didaktik der Chemie" in Google) erledigt werden. Die benötigten Chemikalien für diese Versuche können online bestellt werden. Einige der verwendeten Ausgangsstoffe sind toxikologisch nicht unbedenklich, die Informationen zum Umgang mit diesen Substanzen findet man bei den MSDS-Anbietern (Material Safety Data Sheets = Sicherheitsdatenblätter.
Die digitale Fotografie und die Aufarbeitung des Bildmaterials mit Hilfe der Mittel der modernen informationstechnologie ermöglichten uns einen Gewinn an Anschaulichkeit und ästhetischer Qualität bei der visuellen Dokumentation der Naturphänomene.
Der Einsatz der modernen Informationstechnologien in dieser Unterrichtseinheit kann auf drei verschiedenen Ebenen begründet werden.