Lebenszyklus einer Weissblechdose


Vom Feinblech zur versandfertigen Dose

Schüler/innen-Modul II


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Anleitung

Lösen Sie bitte folgende Aufgaben:

* Lesen Sie die vorliegenden Texte sorgfältig durch.

* Führen Sie für die einzelnen Produktionsschritte vereinfachte Energie- und Stoffbilanzen durch. Vervollständigen Sie zu diesem Zweck das Lösungsblatt am Schluss der Unterlagen mit den Rubriken Rohstoffe, Energie (Verfahrens- und Transportenergie) sowie Abfälle. Die dazu notwendigen Zahlen können Sie den Texten entnehmen.

* Arbeiten Sie ihre Ergebnisse so auf, dass Sie sie in der folgenden Stunde Ihren Mitschüler/innen die einzelnen Produktionsschritte erklären und die Energie- und Stoffbilanzen präsentieren können.

* Teilen Sie die Arbeit innerhalb der Gruppe sinnvoll auf.
Alle Angaben beziehen sich auf 100 Halbliter-Weissblechdosen, die 6.1 kg Weissblechabfall ergeben. Dies entspricht etwa dem Jahresverbrauch eines Einwohners in der Schweiz [1]


Verfahrensbeschreibung: Vom Feinblech zur Weissblechdose

Die Nahrung in einer Weissblechdose soll möglichst lange geniessbar bleiben. Um zu verhindern, dass das Blech rostet, wird es mit einer feinen Schicht Zinn überzogen, die dem Weissblech aufgrund ihres hellen Schimmers seinen Namen gibt. Anschliessend wird das so entstandene Weissblech in kleine Tafeln geschnitten, die zur Dose geformt werden. Die leeren Dosen werden in einer Konservenfabrik mit dem Nahrungsmittel gefüllt. Um die Bildung von Mikroorganismen zu verhindern, wird die Dose anschliessend durch Hitze sterilisiert. (vgl. auch das beiliegende Schema der Weissblechdosenproduktion).

1. Verzinnen des Feinblechs

Da Eisen sehr schnell mit Sauerstoff zu Rost reagiert, muss die Oberfläche aller Gegenstände aus Blech geschützt werden. Normalerweise wird dazu Zink verwendet, das anstelle von Eisen mit Sauerstoff reagiert und so das Eisen schützt.

Die dabei entstehenden Zinkverbindungen stören jedoch die Qualität von Lebensmitteln, sodass bei Dosen zur Konservierung von Lebensmitteln das teurere Zinn verwendet wird.

Das Verzinnen erfolgt in vielen Fällen im Walzwerk, wo das Feinblech zu einer
Dicke von 0.2 mm ausgewalzt wurde. Das Blechband hat eine Länge von mehreren Kilometern und ist auf etwa 2 m breiten Rollen aufgehaspelt. In der Verzinnungsanlage wird es mit einer Geschwindigkeit von etwa 10 m/s automatisch abgespult, mit organischen Lösungsmitteln entfettet und mit Schwefelsäure gebeizt. Anschliessend taucht es ins Verzinnungsbad, wo der Zinnüberzug mit Hilfe von Strom elektrolytisch aufgetragen wird. Das Bad hat eine Temperatur von etwa 50ûC und enthält Zinnsulfat, das elektrolytisch in metallisches Zinn umgewandelt wird. Da Zinn sehr teuer ist, werden Verluste mit grossem Aufwand vermieden.

Abb. 2: Verzinnungsanlage zur Herstellung von Weissblech

Da die Zinnoberfläche jetzt noch zu rauh ist, wird das Band in der Schmelz-Anlage auf etwa 300ûC erhitzt, sodass das Zinn kurz schmilzt und die Oberfläche glatt wird. Danach wird das Band mit Wasser abgeschreckt, um eine gleichmässige Metallstruktur zu erreichen

Um die hohen Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit zu erreichen, die in der Nahrungsmittelindustrie gefordert werden, wird die Zinnoberfläche anschliessend mit einer hauchdünnen Chromschicht überzogen. Bei dieser sog. Passivierung wird die Oberfläche "passiv" d.h. sie wird dadurch chemisch reaktionsträge. Dieser Vorgang geschieht auch elektrolytisch, also mit Hilfe von Strom. Danach hat es einen typischen hellen Glanz und wird als Weissblech bezeichnet.

Zum Schluss wird das Band mit einem lebensmittelverträglichen Oel eingefettet, um zu verhindern, dass das verzinnte Blech feucht wird, und um das Aufspulen auf die Haspeln zu erleichtern.

Wegen der hohen Geschwindigkeit des Bandlaufs wird die Qualität des Feinblechs automatisch in den Kontrolltürmen überwacht.

Für die Herstellung von 100 Konservendosen braucht es durchschnittlich:

* 715 kg Zinnerz, das die erforderlichen 0.02 kg Zinn liefert

* 0.01 kg Entfettungsmittel

* 8.3 MJ [2] an elektrischer und 0.2 kg fossiler Energie für das Verzinnen.

* 0.6 MJ an fossiler Energie für die Transportvorgänge.
Nach dem Entzinnen müssen 0.3 kg Zinnschlämme entsorgt werden.

2. Lackieren

Eiweisshaltige Nahrungsmittel wie z.B. Erbsen wirken auf Metalle besonders stark korrosiv. Aus diesem Grund wir das Weissblech auf der Seite, die zur Innenseite der Dose wird, mit einer weissen Email-Lackschicht versehen, die eine durchschnittliche Dicke von 2-3 g/m2 aufweist. Diese Lackschicht ermöglicht auch eine dünnere Wandstärke der Dose.
Vor dem Versenden wird das lackierte Weissblech in Tafeln mit einer Grösse von etwa 1 x 1 m geschnitten und in Paletten mit einem Gewicht von 1 - 2 t verpackt.

Für die Herstellung von 100 Konservendosen braucht es durchschnittlich:

* 0.2 kg Email-Lack und 0.03 kg Spritzgummi

* 9.7 MJ an elektrischer und fossiler Energie für die verwendeten Maschinen und die Erwärmungsvorgänge.

* 0.8 MJ an fossiler Energie für den Transport der Rohstoffe

* Nach dem Lackieren müssen Lackabfälle entsorgt werden.
 


3. Ausstanzen von Dosenrumpf, Boden und Deckel

Abb. 2: Aufbau einer dreiteiligen Dose

Während das Herstellen und Verzinnen von Blech nur im Ausland erfolgt, gibt es in der Schweiz Fabriken, die Dosen herstellen und Lebensmittelbetriebe, welche Dosen befüllen. Die Weissblechtafeln für die Produktion in der Schweiz werden überwiegend aus Deutschland angeliefert.

Dosen aus Weissblech werden heute zum grössten Teil als sog. dreiteilige Dosen hergestellt: Boden, Rumpf und Deckel (siehe Abb. 2). Diese werden aus Weissblechtafeln herausgestanzt, die von der metallverarbeitenden Industrie angeliefert werden. Der dabei anfallende Abfall wird als Blechschrott wiederverwendet.

Beim Stanzen werden die Teile mit den notwendigen Profilen versehen. Die Böden und Deckel werden nach dem Stanzen am Rand umgebogen und mit Flüssiggummidichtungen versehen, die zur Abdichtung dienen. Die Trocknung des Gummis erfolgt in Trocknungsöfen.

Für die Herstellung von 100 Konservendosen braucht es durchschnittlich:

* 2.8 MJ an elektrischer und fossiler Energie für die verwendeten Maschinen und die Erwärmungsvorgänge.

* 0.7 MJ an fossiler Energie für die Anlieferung der Wiessblechtafeln in LKW's.

* Die 0.4 kg Stanzabfälle können als Weissblechschrott rezykliert werden.
 

4. Herstellung der Dose

Der Dosenrumpf wird im Dosenrumpfautomaten (Bodymaker) hergestellt: Das herausgestanzte Stück Blech - die sog. Zarge - wird zunächst rundgebogen und dann längs abgekantet. Anschliessend wird die Längskante verschweisst. Die Schweissstelle muss vor dem Schweissen von Zinn befreit werden. Dazu wird Kupferdraht benötigt. (siehe Abb. 3).

Abb. 3: Bodymaker: Maschine zum automatischen Falzen und Verschweissen des Dosenrumpfs

Nach dem Verlassen des Bodymakers werden in den Dosenrumpf Querrillen eingestanzt, die als Sickungen bezeichnet werden. Diese dienen zur Erhöhung der Stabilität der Dose, wodurch wesentlich dünneres Blech verwendet werden kann, was beträchtliche Materialeinsparungen ermöglicht. Der Deckel wird selbstverständlich erst beim Abfüller mit dem Rumpf verbunden, wenn das Füllgut in die Dose eingefüllt ist.

Anschliessend wird der Dosenrumpf oben und unten gebördelt, d.h. an den Rändern umgebogen, damit der Boden durch eine Falzverbindung mit dem Rumpf versiegelt werden kann (siehe Abb. 4).

Für die Herstellung von 100 Konservendosen braucht es durchschnittlich:

* 0.2 kg Kupferdraht

* 2.4 MJ an elektrischer und fossiler Verfahrensenergie

* 0.7 MJ an fossiler Energie für den Transport der Rohstoffe und den werkinternen Transport

Abb. 4: Falzvorgänge zur Versiegelung des Dosen-rumpfs mit dem Deckel

 

5. Beschriften der Dose

Je nach Hersteller wird die Dose nach der Herstellung direkt bedruckt oder mit einer Etikette versehen. Abb. 4 zeigt eine Anlage zur direkten Bedruckung der Dose im Vierfarbendruck.
Nach der Beschriftung werden die Dosen für den Versand zum Abfüller verpackt und auf Paletten gestapelt. Die Deckel zu den offenen Dosen werden separat geliefert.

Die Menge benötigter Farbe kann nicht beziffert werden, ist jedoch klein. Der Energiebedarf für das Beschriften ist bereits im Kapitel 2 berücksichtigt.

Abb. 5: Lackierung der Dose

 

6. Abfüllen der Dose - am Beispiel von Erbsen

Eine Konservendose kann man natürlich mit vielen Inhalten füllen. Durchschnittlich werden in der Schweiz folgende Inhalte in Weissblechdosen konsumiert:

Abb.6: Aufteilung der Inhalte von Weissblechdosen in der Schweiz

Im folgenden wird das das Einfüllen der Konservendose an einem typischen Beispiel - an Erbsen - aufgezeigt.
Der Zweck einer Dose Erbsen besteht natürlich darin, die Erbsen so lange haltbar zu machen, bis sie gegessen werden. Beim Einfüllvorgang müssen dabei folgende "Gefahren" abgewendet werden:

* Zerfall der Erbsen durch biochemische Vorgänge nach dem Pflücken

* Wachstum von Mikroorganismen, die den Geschmack verändern oder sogar giftig sind
Das Abfüllen geschieht in folgenden Schritten:

1. Die Ernte der Erbsen erfolgt nach strengen Ernteplänen, welche auch die Zeiten der Aussaat, des Dünge- und des Biozideinsatzes bestimmen. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind dabei vertraglich an die Konservenindustrie gebunden. Damit die Ernte möglichst schnell geschieht, wird sie weitgehend automatisiert durchgeführt. Heute werden vorwiegend zwei Erbsenarten verwendet: Markerbsen (runzelig/süss/zart) oder Palerbsen (glatt, wenig süss, mehlig). Nach der Ernte werden die Erbsen zur Konservenfabrik transportiert, welche sich oft in der Nähe befindet.

2. Das Waschen der Erbsen ist der erste Prozess, den die Erbsen durchlaufen, nachdem sie auf ein Förderband gebracht worden sind. Das Waschen geschieht ebenfalls maschinell. Dazu werden meist Flotationsreinigungsmaschinen eingesetzt, welche die Erbsen mit Hilfe von Wasser und Bürstenwalzen von Schmutz und Mikroorganismen befreien. Vorgeschaltete Steinfänger schützen dabei die Maschine. Auf demselben Förderband werden die Erbsen auch sortiert, blanchiert und abgefüllt (siehe unten).

3. Das Sortieren der Erbsen soll verhindern, dass beim nachfolgenden Blanchieren einheitliche Erhitzungszeiten eingehalten werden können. Das Sortieren geschieht entweder durch Sieben nach der Grösse oder durch Gebläse aufgrund des Gewichts. Anschliessend wird die Qualität der Erbsen durch Sensoren geprüft, wobei die unbrauchbaren Erbsen automatisch eliminiert werden.

4. Das Blanchieren der Erbsen (kurzes Erhitzen auf etwa 80 grad C) durch Wasser oder Dampf hat in erster Linie zum Ziel, die Enzyme in den Zellen zu inaktivieren, womit der zellinterne Zerfall verhindert wird. Zudem schrumpfen bei diesem Vorgang die Erbsen, sodass mehr Erbsen in der Dose Platz haben. Anschliessend werden sie abgekühlt.

5. Das Abfüllen der Erbsen in die Dose geschieht heute automatisch in einer Dosenabfüllmaschine (siehe Abb. 6). Die
Erbsen werden dabei mit einem Aufguss, der 1% Kochsalz und etwas Zucker enthält, vermischt. Nach dem Abfüllen wird die Dose in einem automatischen Falzvorgang mit einem Deckel verschlossen.

6. Die Sterilisation , d.h. das Erhitzen der Dose auf 120ûC für etwa 20 Minuten führt zur Abtötung der Mikroorganismen und deren Keimen. Der dabei entstehende Innendruck wird durch die Sickung der Dose aufgefangen.
Nach dem Abkühlen werden die Dosen - falls sie aussen nicht bereits beschriftet sind - mit Etiketten versehen, auf Paletten gestapelt und ins Lager transportiert. Dort liegen sie bereit, bis sie auf Bestellung an einen Lebensmittelverteiler ausgeliefert werden.

Die zu Beginn des Kapitels erwähnte Gefahren der geschmacklichen Veränderung der Erbsen werden neben den Vorgängen des Blanchierens und Sterilisierens auch dadurch gebannt, dass das Abfüllen sehr schnell geschieht. In der Regel sind die Dosenerbsen fünf Stunden nach der Ernte zum Versand bereit.

Unsere Oekobilanzierung beinhaltet die Weissblechdose lediglich als Verpackung. Deshalb wird der Energie- und Rohstoffverbrauch für das Abfüllen der Dose nicht berücksichtigt. (Wird das entsprechende Nahrungsmittel anders verpackt, muss es ja auch zubereitet und gekocht werden.)

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Abb. 7: Automatische Dosen-Abfüllanlage

 

[1]  inklusiv Dosen für Tierfutter und Farbe
[2] Merke: Mit 1 MJ lassen sich 3 Liter Wasser von 20 auf 100 Grad Celsius erhitzen, also beispielsweise 3 mal Frühstückskaffee kochen.


 

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